#99: SO voll wars NOCH NIE!

Gut sieben Jahre und genau 99 Mal gibt es nun die Lesebühne SoNochNie im Zimmer 16 Pankow. Sie ahnen es, der Titel und die ungewonhnten Fotomotive (nicht ausschließlich lesende Menschen!) lassen keinen anderen Schluss zu – die Jubiläumslesung sprengte alles bisher Dagewesene.

Kein einziger neuer Text (doch, ein klitzekleiner), kein Sonderthema, keine offene Bühne und dazu noch Fußball-EM (Island!), doch das Zimmer 16 platzte buchstäblich aus allen Nähten. Zeitweise mussten Besucher sogar auf dem Boden Platz nehmen, weil alle Stühle besetzt waren. So etwas hatten selbst die ältesten Lesebühnen-Haudegen im Zimmer 16 noch nie erlebt. Vielleicht lag es ja an den Schnittchen und dem Begrüßungssekt, an der angekündigten Bücher-Verlosung und der musikalischen Überraschung, dass die Luft zum Atmen zeitweise knapp wurde? Und ja, vielleicht auch an der Treue und Beharrlichkeit der Lesebühne selbst – Treue zu ihren Grundsätzen, Beharrlichkeit, seit Jahren wirklich jeden 4. Montag ein besonderer Literaturort zu sein und auch der Offenheit, immer wieder neue Ideen zu realisieren – vor allem natürlich, außer an diesem Abend, neue Texte und AutorInnen vorzustellen. Der beeindruckende Andrang der Zuschauer gab uns wohl die einfachste und überzeugendste Erklärung: ALLES ZUSAMMEN.

Was passierte bei der 99.?

Das erleben wir nicht oft bei SoNochNie, besser gesagt, das haben wir noch nie erlebt: Ute Daniezick hat zum Jubiläum ein Lied für uns geschrieben und trug es zum Auftakt des Abends mit E-Gitarre vor! Einen echten Ohrwurm hat sie da hingekriegt, der uns ganz verlegen machte und sicher ein paar Augen vor Rührung nass werden ließ. Der Refrain („So noch nie“) hat Fankurven-Feuerzeug-in-die-Höhe-Qualitäten) Danke, Ute! Gastgeber und Mit-Gründungsvater Stefan Greitzke führte fortan durch den Abend und erzählte, wie einst alles begann. Die einzelnen Texte des Abends werden nicht ausführlich besprochen, weil sie ja alle schon einmal bei SNN vorgestellt, teilweise speziell für die Lesebühne verfasst worden sind: Frank Georg Schlosser las „Kaukasus“, einen Kampf um Phantasie und Realität, Ulrike Warmuth „Ungleichung“, eine poetische und schonungslose Liebesanalyse, Angela Bernhardt „Draußen“, einen historisch-tragischen Monolog und Heiko Heller „Am Ende wirft man nur Sand“, das Bekenntnis eines Beerdigungs-Schmarotzers. Heiko schmuggelte jedoch tatsächlich einen taufrischen, noch nie gelesenen Text ein, und zwar ein Gedicht aus 99 Worten, eine wahre Dichterschelte vom begnadeten Schandmaul Heiko. (An dieser Stelle danken wir nochmals allen Fans, die uns vor dem Jubiläum 99-Worte-Texte geschickt haben. Wir hoffen, sie haben sie in den großen transparenten Luftballons entdeckt!).  Damit gingen die Teams in die Pause.

2. Halbzeit: Losen, wählen, wählen lassen

Die zweite Halbzeit begann mit Leovinus, der Bücher zu vergeben hatte. Die glücklichen GewinnerInnen der Bücher-Verlosung freuten sich über „Seitenblicke“ von Ulrike Warmuth, „Warum der stille Salvatore eine Rede hielt“ von Michael Wäser und „Wutsch“ von Angela Bernhardt (welche beidletzte an dieselbe, wahrhaftige Lottokönigin gingen! – siehe Fotogalerie) und der Hauptgewinn, ein Bücherpaket mit Werken von SNN (unsere Anthologie), Heiko Heller, Leovinus, Frank Georg Schlosser und Michael Wäser, fand ebenso einen hoch erfreuten Besitzer. Stefan übernahm, um sogleich eine/n Themenbeauftragte/n zu finden. Wie schön, dass sich als Themenbeauftragte für August beim heutigen Jubiläum ausgerechnet eine SNN-Debütantin der Herausforderung stellt. Ulrike Stockmann lehnte das erste Zuschauerthema „Von Wind und Sand“ ab und musste dann „kleiner Mann“ nehmen. Wir sind gespannt, was sie am 22. August bei der 101. Lesebühne dazu vorbringen wird!

Lesen und singen

Weiter ging es mit der Lesung: Michael Wäser trug „Alexander“ vor, eine verstörende Künstlergeschichte, Petra Lohan „Der Beamte und das Mädchen“, eine surreal-sensible Behördenfantasie, Leovinus „Was nach dem Clown kam“, ein mysteriöses Bahnreisen-Gleichnis mit roter Nase. Ute schenkte uns abschließend noch einmal ihr Lied, und wie bei „You never walk alone“ sang nun die Menge mit ihr den Refrain.
Wir bedanken uns bei Ute, bei allen, die mitgeholfen haben im und vom Zimmer 16, und natürlich bei allen, die den Abend zu so einem beeindruckenden Erlebnis gemacht haben – unserem Publikum! Wir jedenfalls haben uns in etwa so gefühlt, wie sich die Isländer nach ihrem Sieg gegen England gefühlt haben müssen – wahnsinnigglücklichsson! Und nicht zu vergessen: Der Erlös aus Eintritt und Bücher-Verlosung, den wir nun der Organisation „Autoren helfen“ für Flüchtlingsprojekte überweisen können, beläuft sich auf stramme 192,- Euro.

Wir sehen uns hoffentlich alle (!) wieder bei der nächsten, dann wieder regulären, einhundertsten offenen Lesebühne am 25. Juli im Zimmer 16 mit dem Themenbeauftragten Frank Georg Schlosser – AU REVOIR!

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