Mensch ist das schön geworden!

Prallvolles Programm, prallvolles Zimmer 16 – das zehnjährige Jubiläum von So noch nie machte seinem Motto alle Ehre. Und zum besonderen Anlass sind sogar die Fotos prallvoll Farbe.

Wo fange ich bloß an … Zehn Jahre Offene Lesebühne Pankow, die fast von Anfang an SO NOCH NIE heißt und seit ebenfalls fast von Anfang an im ZIMMER 16 stattfindet, an jedem vierten Montag im Monat, die mit nicht mal einer Handvoll Teilnehmer begann (Stefan Greitzke hatte die Idee und die Leitung des Abends, Frank Georg Schlosser und Leovinus machten mit und Angela Bernhardt gesellte sich sofort dazu) und die seit geraumer Zeit das Zimmer 16 beinahe an seine Kapazitätsgrenzen bringt, mit der Hingabe an Literatur und Diskussion, verkörpert von all den Menschen, die sich zu uns auf den Weg machen und lesen, sprechen und zuhören. Was, wenn nicht dies ist ein Grund zum Feiern?! Der Vollständigkeit halber: Ich stieß 2011 zu diesem Kernteam, gefolgt von Ulrike Lynn, womit wir fünf Schreibende/Organisierende waren und sind, die auch das Entdecken, Zuhören und Reflektieren an diesen Abenden sehr schätzen, das es so bei kaum einer anderen Lesebühne Berlins gibt. Wir haben über die Jahre viel Zutrauen in einander und in uns gefunden, gerade weil wir und die anderen Lesebühnenteilnehmer offen, aber fair, zu diskutieren versuchen. (Und den Moment der Ermutigung haben vermutlich auch viele andere Schreibende bei SNN erfahren.) Deshalb präsentierte unser Moderator und Mit-Kernautor Leovinus auch als ersten literarischen Programmpunkt: Jede/r von uns fünf hatte einen Text der letzten Jahre von einer/einem von uns fünf „gecovert“ – neu geschrieben, sich davon inspirieren lassen, nachempfunden … Vorher aber lauschten alle dem initialen rbb-Radiobericht über SNN, und dann Ute Danielzik, die ihre „Hymne“ auf So noch nie für uns und für alle sang und auf dem Piano begleitete – wir verdrücken eine Träne vor Rührung. Und ab jetzt, versprochen, mache ich es kurz:

Frank hatte sich gleich zwei meiner Geschichten rausgepickt und Motive/Figuren daraus zu einer ganz neuen Geschichte gemacht, Hendrik, der explodiert (am Ende, im übertragenen Sinn), die dicke schwarze Frau, die zum Objekt wilder Sexfantasien wird und zum Auslöser von Hendriks mörderischer, feuriger  Affekthandlung.

Leovinus bemächtigte sich eines Bildes aus einer von Ulrikes Geschichten – der fragile Turm aus Strandkieseln am Meeresufer wurde zu einer Art Lebensaufgabe der Hauptfigur, die einen Turm nach dem anderen errichtet, neben denen, die schon da waren, bevor sie aus dem Meer an Land kam – um dann doch dem Strand zu entwachsen.

Angela lieferte in ihrer Coverversion von Leovinus‘ Text endlich die Erklärung, was da eigentlich vorging beim Weltuntergang und warum so viel Shampoo und Harken gekauft werden mussten, sobald das nahende Ende feststand. Und natürlich lag es im Grunde an so einem Beziehungsding, das in Händen höherer Mächte mächtig ausuferte. Kapiert?!

Ulrike transormierte eine Musiker-Geschichte von Angela sanft, aber bestimmt in eine Sprachmenschen-Geschichte. Wo der eine sich in seinem Instrument auflöste, mit  ihm eins wurde, zerfiel der andere in seine unsterbliche Essenz, nämlich einzelne Worte, die von seiner ehemaligen Schülerin aufgelesen und in die Tasche gesteckt werden wollten – und wurden.

Michaels Musik aus Franks Geschichte spielte sich originalgetreu oral ab: Zwei Chormitglieder verhakten sich in einen Streit, der von dem einen nur als Scherz gemeint war, wonach einer sich am Ende aber mit einer Kugel im Leib auf dem Küchenboden des anderen wiederfindet und nunmehr die Engel Samuel Barber singen hört.

Bevor wir die Pause einläuteten, überreichte Leovinus dem guten Ralf vom Zimmer 16 unsere Sonder-Ehrenurkunde für die jahrelange Gastfreundschaft des Zimmer 16 und Angela trug die Geburtstagstorte, gebacken von unserer Ehren-Kernteam-Autorin Petra Lohan, zur Bühne und feierlichen Kerzenausblasung. Danke Ralf, danke Zimmer 16, danke Petra!

Die süße Pflicht jedes SNN-Abends: die Bestimmung der/des Themenbeauftragten! Es hob sich die Hand von Ulrike Günther, sie wird sich mutig bis zur Mai-Lesebühne dem gelosten Themenvorschlag aus dem Publikum stellen: „Sieben Streiche Leben“. Wieder einmal ein Beauftragten-Debüt! Wir freuen uns und erwarten gespannt den Mai.

Angela ließ es sich – und uns – nicht nehmen, Stefan Greitzke in Abwesenheit zu grüßen, zu ehren und zu danken – er gründete unsere Lesebühne mit, lenkte und moderierte sie den größten Teil der zehn Jahre über. Von dieser Stelle auch nochmal: Danke Stefan, bis bald und schade, dass du nicht mitfeiern konntest!

Nun wurde es eilig: Zur Stoppuhr-Staffellesung bildete sich eine Schreiberschlange bis zur Rückwand des Zimmer 16 – derer zwölf hatten Texte zum Thema „Mensch ist die groß geworden!“ vorbereitet und im Anschlag. Nun durften diese maximal drei Minuten dauern, weshalb ich sie hier nicht einzeln wiedergeben kann – es ging zu schnell hintereinander weg! (Schauen Sie die Fotos an!) Es war ganz und gar überwältigend, wie einfallsreich, lustig, poetisch, irre und freigeistig es zuging, jeder Beitrag eine Perle auf der Kette. Vielen vielen Dank an alle!!!

Der Augenblick, auf den sicher ALLE mit schweißnassem Rücken gewartet haben, kam: Das Los für unsere SNN-Zaubertasse wurde gezogen (nachdem die Echtheit der Losnummern notariell geprüft und das tadellose Funktionieren des Farbzaubers der Tasse demonstriert worden war)! Der stolze Gewinner wird nun bei jedem Heißgetränk unsere fünf Lieblingssätze lesen können.

Was für ein Jubiläum, was für ein Abend, was für Autorinnen und Autoren, was fürein Publikum, was für eine Freude – für diesmal, bis zum 22. April um 19.30 Uhr, Ende derGeschichte!

P.S. Danke an alle, alle, alle die bei den Vorbereitungen geholfen haben, die Leckereien beigesteuert und am Abend tatkräftig Hand angelegt haben. Tausend Dank von Angela, Frank, Leovinus, Michael und Ulrike.

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